PresseAbseits in Grimms Männerwelt

— Rheinische Post

Die WM macht auch vor der Kunst nicht Halt: Der Hünxer Künstler Alfred Grimm hat für eine Duisburger Ausstellung ein Objekt geschaffen, das die Dynamik im Spiel und vor dem Fernsehschirm ironisch vereint.

Von Angelika Ritzka

HÜNXE Fünf Männer In kurzen Hosen und roten Trikots rangeln, zerren und treten. Einer liegt am Boden, aber besiegt ist er noch lange nicht. Denn alles dreht sich um das Runde, das da liegt wie hingeworfen. Und doch bildet der Ball den heimlichen Mittelpunkt dieses Männerreigens, der so gar nichts Sanftes an sich hat. Der Ball ist es, der für die Dynamik sorgt, für das Adrenalin auf dem Spielfeld und beim Betrachter, für das Archaische dieses Männerhaufens, der sich tummelt, wälzt, inmitten eines Fernsehers. Im Hintergrund steht ein Tor und im Raum die Frage „Ist das schon Abseits?“

Eine Frage, über die sich bald trefflich streiten lässt: Wenn am Freitag der Anstoß zur Fußballweltmeisterschaft gegeben wird, ist für Alfred Grimms neuestes Kunstwerk ebenfalls Anpfiff. In der Duisburger Cubus Kunsthalle wird um 20 Uhr die Fußball-Ausstellung „Abseits“ eröffnet. Einen Monat, vom 9. Juni bis zum 9. Juli, zeigen 73 Künstlerinnen und Künstler, was sie sich unter „Abseits“ vorstellen und wie für sie zur WM die schöne bunte Fußballwelt aussieht. Darunter ist auch Grimms dreidimensionaler Fußballrummel.

Jubel und Anfeuerungsrufe

„Ich wollte seit Jahren etwas über Fußball und Fernsehen machen“, sagt der Hünxer Künstler. Schon lange haue er die Figuren parat. Jetzt endlich kommen die Fußballerpuppen aus dem Spielzeugladen, allesamt Abbildungen tatsächlicher Spieler verschiedener Mannschaften und Nationalitäten, zum Einsatz. Der ist – wie es beste Grimm’sche Manier ist – natürlich nicht bierernst zu sehen. Für Jubel und Anfeuerungsrufe hat Alfred Grimm über versteckte Lautsprecher und ein Tonband gesorgt. Die Fußballspieler agieren auf einer rotierenden Scheibe und sind ausgeleuchtet. „Da ist Bewegung drin“, freut sich Grimm über sein Spektakel. „Fußball“, sagt Alfred Grimm, ist so eine ritualisierte Kampfhandlung. Ähnlich wie damals im Mittelalter die Ritterturniere.“ Man misst sich, „aber man will den anderen nicht umbringen.“

Schweiß und Spannung

Alfred Grimms Weltmeisterschaft ist ein Männerspiel in einer Männerwelt, keine Frage. Daran ändere auch die bemitleidenswerte, unechte Topfpflanze auf dem Gehäuse nichts. Echt hingegen sind die Emotionen: Man kann den Schweiß riechen, die Spannung spüren. Die Freude auch an einem sportlichen Kampf, der in der ganzen Welt über die Fernsehschirme flimmern wird und Millionen von Menschen vereint. So weit, so maskulin.

Doch erst das Drumrum vervollständigt, ja erhöht die Szenerie des absolut Männlichen – und bricht gleichzeitig das Bild auf ironische Weise: Hinter den Kickern zwei riesige Fußballerbeine und ein Ball. Neben ihnen eine Horde von Miniatur-Fußballern. Vor dem Fernseher ein Tisch mit Bierflasche, Brotzeit und auf dem Stuhl ein Schweiß trocknendes Handtuch für den zuschauenden Experten. Über dem Gesamtkunstwerk thront eine Uhr. Der Künstler verschiebt rasch die Zeiger von 20 nach Drei auf fünf vor Zwölf. „Ein paar Kartoffelchips kommen noch hinzu“, deutet Grimm auf den Tisch. „Vielleicht unter den Stuhl auch noch ein paar Schluppen und ein Bierkasten.“ Details, die den Witz in ein Fußballspiel bringen, das, so gibt Alfred Grimm selbst zu, „so in der Realität nicht vorkommen würde“.

Was der Mann muss

Ein passionierter Fußballfan ist Alfred Grimm nicht. „Ich bin nicht auf Schalke“, so formuliert er seinen fehlenden Fußballfanatismus. „Ich habe schon als Kind nie gern Fußball gespielt. Auch nicht im Tor.“ Trotzdem schaut er ab und zu mal rein, wenn’s im Fernseher ein Spiel gibt. Und wie sieht’s aus mit WM gucken? „Ja“, sagt Alfred Grimm, und schaut ganz ernst, „das gehe gar nicht anders.“

Info

Weltmeister? Ach ja

„Ich hätte nichts dagegen, wenn wir Weltmeister werden“, gibt Alfred Grimm der deutschen Nationalmannschaft um Michael Ballack grünes Licht zum WM-Sieg. Mit Begeisterung hat der Hünxer Künstler sich Sönke Wortmanns Film „Das Wunder von Bern“ angeschaut. „Das war meine Kinder- und Jugendzeit“, sagt er. „So sah es auch bei uns aus.“ Erinnerungen weckte der Film reichlich. „Aber an Ideen fürs Objekt war hier nichts zu holen.“

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