PresseBekenntnisse eines „Serientäters“

— NRZ

70 Jahre Alfred Grimm – Eine Ausstellung lünkert in die verschiedenen Schaffensperioden hinein

Von Bettina Schack

Am Niederrhein. 70 Jahre – 70 Arbeiten. Am 16. Juni feierte Alfred Grimm seinen runden Geburtstag, nun schenkte er sich und den Kunstinteressierten in Dinslaken eine kleine Ausstellung in der Hauptstelle der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe. Ein Künstlerleben rückwärts auf Papier und Leinwand.

Alfred Grimm, Objektkünstler, Kunsterzieher, Beuys-Schüler. In Dinslaken stolpert man über seine Werke im öffentlichen Raum: Mahnmal und Mahnsteine, die an das jüdische Leben und dessen Vernichtung durch die Nazis erinnern. Grimm, der Mahner. Die jetzige Ausstellung zeigt die vielen anderen Seiten des Künstlers.

Grimms Mädchen zum Beispiel. Junge Mädchen in Jeans und Pulli, mal mit Handtasche, mal mit Freund. Ihre Körper oft in mehreren Bewegungen skizzenhaft überblendet, ihre Gesichter oft nur angedeutet. Ein Eindruck des Flüchtigen. Oder bricht da doch wieder unterschwellig der „typische Grimm“ durch? Der, dem Provokationen keine Angst machen, der mit seinen Werken aufrüttelt, wie es seinem eigenen Charakter entspricht?

Auf der Rückseite der Stellwand bekommt die Idylle Risse. Denn wer kann einem Wald trauen, wenn sich auf den Bildern links und rechts Autowracks um Bäume biegen?

Grimm liebt das Spiel mit Brüchen. Er spielt gerne. Und sammelt. Solche Leidenschaften kreieren „Serientäter“. Beispiele seiner Objektkunst zeigt er in einer Vitrine: Eine „Landschaft in Öl“. Ganz wörtlich genommen: ein Baum aus dem Zubehör für Modelleisenbahnbauer in einer zur Hälfte mit präpariertem Motorenöl gefüllten Glasflasche. Verspielte Schachfiguren und die Objekt-Torten, die niemals aus Marzipan, aber in ihrer teils verstörenden Originalität allererste Sahne sind.

Alles Grimm

Die Serien des Alfred Grimm. 1989 stellte er sich selbst in den Mittelpunkt einer Reihe von Zeichnungen. Selbstportrait hinter aufgerissenem Gitter, hinter zerbrochenem Glas, mit vor das Gesicht geschlagenen Händen. „Wahrscheinlich vor dem Elend dieser Welt“, sinniert er beim Gang durch die Ausstellung, „ich habe in dieser Phase zeichnerisch Dinge gelöst, die mir sonst auf der Seele gelastet hätten“.

Kunst als Selbstreinigung. Eine Phase im Leben. Beglückend muss die Erfahrung als Oberstufenschüler am städt. mathematisch-naturwissenschaftlichen Jungen-Gymnasium in Dinslaken gewesen sein. Dort war Helmut Drees Kunstlehrer aus Leidenschaft. Nahm seine Schüler mit in die Museen, ermutigte sie zum Malen in der Natur. Das prägte. Nach dem Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf. Wo Alfred Grimm seine Ehefrau Barbara kennenlernte, kehrte er als Kunsterzieher an seine alte Schule – inzwischen in Theodor-Hess-Gymnasium umbenannt – zurück. Und half dort selbst neuen Künstlergenerationen auf den Weg. „Über 50 % meines ersten Leistungskurses blieb bei der Kunst.“ Die bekanntesten Grimm-Schüler: Disney-Zeichner Andreas Deja und der Fotograf Thomas Heinser, beide leben heute in den USA.

Das eigene Frühwerk. Hier erleben auch ausgemachte Grimm-Kenner Überraschungen. Die „Drei Pferde“ von 1962 könnten von Mataré sein. Sind aber echt Grimm. Wie die Radierung „Paar“ von 1961. Aktmalerei, ein roter Faden im Gesamtwerk. Die Ausstellung zum 70. Alles drin. Alles Grimm.

Die Ausstellung zum Jubiläum

  • Alfred Grimm, 1943 in Dinslaken geboren, feierte in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag. In der Ausstellung werden 70 Arbeiten aus seinen verschiedenen Lebensabschnitten gezeigt. Die frühesten stammen aus seiner Schülerzeit am Städt. math.-naturw. Gymnasium in Dinslaken.
  • Er studierte an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, u.a. bei den Professoren Karl Bobek und Joseph Beuys. 1972 kehrte Grimm an seine alte Schule, das heutige Theodor-Hess-Gymnasium, zurück. Neben seiner pädagogischen Tätigkeit als Kunsterzieher hat Grimm intensiv seine künstlerische Arbeit fortgesetzt.
  • 70 Jahre – 70 Arbeiten zu sehen vom 9. bis 27. September in der Hauptstelle der Sparkasse in Dinslaken, Friedrich-Ebert-Straße 31–37.

Zurück