PresseDas Dins-Laken
— NRZ
Bettina Schack
Hünxe. Zwischen den Backsteinmauern des ehemaligen Gasthofs an der Landstraße zwischen Lohberg und Hünxe türmen sich Kartons über Kartons in Schwerlastregalen. „Ein Schnäppchen aus dem Restbestand eines Bundeswehr-Bataillons“, freut sich Alfred Grimm und schlägt mit der Hand gegen die massiven Stahlträger. Schließlich tragen diese Regale eine Verantwortung. Hier lagert Kunst.
Das alte Backsteinhaus wurde zum vielräumigen Atelier des Malers, Zeichners und Objektkünstlers. Und vor allem als letzterer braucht man Platz. Für Dinge, die dieses Lager wie einen Kramladen aus einer phantastischen Erzählung erscheinen lassen. Fein säuberlich beschriftet harren hier Schädel, Knochen und OP-Bestecke, Plastikblumen und Modellautos ihrer neuen Bestimmung. Vorsicht! Neben den fertig gerahmten Bildern lehnt eine Autotür am RegaL Und hinten an der Wand ein Objekt: eine gekachelte Wand, der Einschub eines Kühlfachs im Leichenschauhaus. Die Füße, die von der Bahre ragen, tragen Wundmale, „Eine Grablegung Christi – wie sie heute aussehen würde“, erklärt Grimm.
Künstlerische Provokation
Der Beuys-Schüler und pensionierte Kunstlehrer an einem Dinslakener Gymnasium, der großformatige Plastiken, Mahnmale und Sakralkunst für Dinslaken, Hünxe und Wiehl schuf, liebt die künstlerische Provokation, machte seinen Namen gern zum Programm. Vor drei Monaten steuerte er einer Ausstellung des Siegener Kunstkreis das Objekt „Fahrerflucht“ bei, ein verbogenes pinkfarbenes Kinderfahrrad auf Pflastersteinen, „Ich habe es preiswert erstanden, Dann habe ich meinen Nachbarn Gerd Eickhoff gebeten, mit dem Trecker drüber zu fahren, um es in ein unfallfähiges Kunstwerk zu verwandeln.“ Alfred Grimm ist vieles, aber kein Kuschel-Künstler.
Von wegen. Grimm kann auch anders. Seine neue Edition ist kein sperriges Objekt, sondern eine Komposition aus hell kolorierten Aktzeichnungen auf hochwertigen Satin. Nachdem die Dinslakener zum Kulturhauptstadtjahr von ihrem Stadtmarketing Dinamit aufgefordert wurden, ihren Ortsnamen im modernen Sprachklang wortwörtlich zu nehmen und ihr persönliches „DINsLAKEN“ zu gestalten, bereitete Grimm zunächst ein Tuch vor, das gerahmt durch alle 53 Ruhr.2010 Kommunen wandern solL Er selbst legte mit Impressionen Dinslakener Wahrzeichen vor.
Jungen und Mädchen
Nach diesem „DINsLAKEN“ nun „Grimms Laken“. Seit 2006 beschäftigt sich der Künstler mit Porträtzeichnungen junger Mädchen, die er einzeln oder mit in getrennten Sitzungen gezeichneten Jungenporträts Zu Liebespärchen kombiniert. „Grimms Mädchen“ zeigte er in Ausstellungen im Preußenmuseum Wesel In den Mappen dazu befanden sich auch Aktbilder. Eines davon, im Original im Format 25 mal 35 cm, ließ er von der Borkener Firma Bierbaum vergrößern und als Bettlaken produzieren.
Diese Edition ist nun in einer Auflage von 50 Stück nummeriert, signiert, datiert und waschbar bis 40 Grad Celsius erhältlich. Ist es nicht zu schade, sie unter Kissen und Decken verschwinden zu lassen? „Das Laken macht sich auch sehr gut als Tagesdecke, als Wandbild, Raumtrennung oder als Vorhang“, sagt der Objektkünstler mit dem offenen Blick für Zweckentfremdung. Und damit ist es Alfred Grimm wieder einmal gelungen, seine Kunst aus dem aus dem Rahmen fallen zu lassen. „Grimms Laken“ ist in Dinslaken bei der Dinamit Dinslaken, Friedrich-Ebert-Straße 44–46, und bei Betten Krüssmann, Duisburgerstraße 19, für 135 Euro erhältlich.