PresseDiese Nachbarn sind einfach füreinander da

— NRZ

Alfred und Barbara Grimm fühlen sich in Bruckhausen rundum wohl. Die Vermutung, sie lebten abgeschieden und allein, ist völlig falsch. Die Gemeinschaft hilft sich und feiert gerne zusammen.

Von Andreas Rentel

Hünxe. „Um diese vitale, lebendige Nachbarschaft kann uns jeder Großstädter beneiden“, versichert Alfred Grimm. Über die Vermutung, er und seine Frau Barbara lebten ohne direkte Nachbarn einsam, können die beiden nur lachen. Das denkmalgeschützte, ehemalige Bauernhaus von 1650 liegt also nur scheinbar sehr abgeschieden.

1971 bezogen die beiden Kunsterzieher das Gebäude, kauften es ein Jahr später. „Das war eine richtige Ruine“, erinnert sich der 71-Jährige. „Wir haben mit wenigen Hilfen vier Jahre lang daran gebastelt“, ergänzt Barbara Grimm. Eines ging damals wesentlich zügiger: „Wir wurden schnell in die Nachbarschaft aufgenommen“, betonen beide. Mit einer Flasche Schnaps unterm Arm führte einer der ersten Wege zur Familie Bruckmann. „Willst du mein Notnachbar sein?“, lautete die entscheidende Frage. Hätte die Antwort damals „Nein“ gelautet, „wir hätten hier keinen Kontakt bekommen“, ist Grimm nach wie vor fest überzeugt.

Geburtstage und Ehejubiläen

Dabei begleitet die überaus intakte Nachbarschaft ihre Mitglieder von der Wiege bis zur Bahre. Beim „Babypinkeln“ treffen sich die Väter. Geburtstage und Hochzeiten werden gefeiert, Ehejubiläen sowieso und bei Beerdigungen ist es üblich, dass sechs Männer aus der Nachbarschaft den Sarg tragen. „Früher mit Zylinder“, ergänzt der 71-Jährige.

Und für die Geburtstage gibt es eine praktische Vereinbarung: Damit es niemand als Gastgeber über- oder untertreibt, steht die Speisefolge fest. Auf den Tisch kommen eine Suppe, belegte Brötchen und später Kaffee und Kuchen. Etwas entschärft haben die Nachbarn das „Neujahrsjagen“. Dabei ging’s früher oft bei Eis und Schnee zu Fuß von Haus zu Haus, die Gruppe wurde immer größer und die Stimmung bei Bier und Schnäpschen immer besser. Heute machen alle die Runde meist mit dem Auto.

Die Frauen sind regelmäßig mit dem Fahrrad unterwegs, reisten bereits gemeinsam an die Nordsee. Vor 20 Jahren trafen sich die Familien zum Fußball-Spielen auf einer nahen Wiese und die WWK (steht für „Wiesenköttelkicker“) waren geboren. Grimm weiß: „Einige spielen immer noch.“

Erleichtert wird der gute Kontakt dadurch, dass die Nachbarn alle etwa der gleichen Altersgruppe angehören, ebenso ihre Kinder. Die tragen die Gemeinschaft jetzt weiter. Sohn Lukas Grimm und Frau Simone wohnen mit Enkel Jakob ebenfalls auf dem idyllischen Hof.

Alfred Grimm verrät ein weiteres Geheimnis, warum das Miteinander so gut funktioniert: „Auch zwischen Nachbarn sollen hohe Mauern sein.“ Trotz der regelmäßigen Kontakte können alle eine wohltuende, räumliche Distanz wahren. Denn die Häuser und Höfe liegen teils einige Kilometer auseinander.

Zur Familie Eickhoff haben Grimms eine besondere Beziehung. Eine Tante wurde im Krieg ausgebombt und bekam auf dem Hof Zimmer zugewiesen. Die Familie litt dadurch keinen Hunger und der gebürtige Lohberger bekam zudem später den guten Tipp, sich sein jetziges Haus anzuschauen. Denn: „Der Kontakt war da.“

Die Familie fühlt sich auf ihrem Hof rundum wohl: Sie sieht ihre Nachbarn nicht immer, aber alle sind stets füreinander da.

Diese Familien helfen sich, feiern zusammen und das schon seit vielen Jahren: Wilhelm und Helga Bruckmann, Hannes und Ilse Heskamp, Gerd und Anneliese Eickhoff, Annegret Berger-Lohr, Fritz und Erna Benninghoff-Rotthaus, Erich und Magdalene Schulze-Hockenbeck, Honny und Gerda Driesen, Elisabeth und Ernst Kempmann, Gerd und Anneliese Hesselmann, Horst und Liesel Bergmann, Hermann und Lisbeth Rösel sowie Hanni und Gerd Lindenkamp.

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