PresseFriedenstaube schwebt über Kohlebrocken
— Rheinische Post
Von RALF SCHREINER
HÜNXE-BRUCKHAUSEN. Scheibenwischer und Kohlebrocken, Flaschen und Kabel, Brillen, Maschinenteile, Schachfiguren und Modellautos – und über allem leuchtet ein Regenbogen, ziehen dunkle Wolken, zucken grelle Blitze. Das neue Fenster, das künftig den Altarraum der evangelischen Kirche „Unsere Arche“ in Bruckhausen schmücken soll, ist ein Abenteuer, mutig und faszinierend zugleich. Geistiger Vater dieser einzigartigen Arbeit ist der Künstler und Kunsterzieher Alfred Grimm.
Der Bauausschuß der Evangelischen Kirche im Rheinland war von der ungewöhnlichen Interpretation Grimms ebenso begeistert wie Gemeindepfarrer Gerhard Pulla. Nach mehr als zweijähriger Planung ist der Entwurf für das aus 42 Einzelfeldern bestehende Werk jetzt im Maßstab eins zu eins fertiggestellt. Morgen haben Gemeindemitglieder ab 11.30 Uhr Gelegenheit, ihn im Atelier des Künstlers, An den Höfen 13, aus nächster Nähe zu betrachten.
Nächtelang gearbeitet
„Ich habe nächtelang daran gearbeitet“, erzählt Alfred Grimm. Auf die Reaktion der Gemeinde ist er gespannt. Die Gemeindemitglieder sollen Einblick und Vertrauen in das Fenster gewinnen. Und dafür, so Grimm, sei diese erste Entstehungsphase die beste Möglichkeit.
Alltagsmüll in einem Kirchenfenster? Strandgut aus dem täglichen Leben als Schmuck für einen Chorraum? Grimms Werk wirft Fragen auf. Antworten lassen sich wie bereits bei den Kruzifix-Objekten des Künstlers nur in der intensiven Auseinandersetzung mit dem Gezeigten finden. Was auf den ersten Blick als bloße Provokation erscheinen mag, ist in Wirklichkeit die künstlerische Gestaltung von christlichen und weltlichen Gegebenheiten als theologisches Programm. Und in diesem Programm findet sich ein direkter Bezug zur Noah-Geschichte: Leben bewahren – gefährdetes Leben.
Das linke Fenster wird in hellen, frischen und leuchtenden Farben gearbeitet. Es zeigt Regenbogen und Landregen, eine Friedenstaube, den arbeitenden Menschen, das liebevolle Umgehen mit Natur und Mensch, „all das, was in unserer Welt von der christlichen Theologie her positiv einwirkt“, so der Künstler.
Das rechte Fenster bildet dazu einen scharfen Kontrast. Hier herschen dunkle, abgetönte Erdfarben vor. Die erhellenden Lichtbahnen sind grell und zuckend. Es zeigt die Welt in Gefahr, die Menschen am Abgrund. Unkonrollierte Industrie, Umweltzerstörung, „subjektives, verderbliches Ausleben egoistischer Beziehungen“, erklärt Alfred Grimm.
Blick ins Freie
Das traditionelle Glasfenster wird hier konsequent erweitert. Bild und Objekt werden kombiniert. Strukturbildende, auch farbige Dinge greifen als Silhouette und als Gegenstand vor dem Fenster reliefartig in den Raum. Nicht nur edle, antike und mundgeblasene Kunstgläser finden Verwendung. Äußerst großzügig arbeitet Grimm Gebrauchs- und Industriegläser mit ein. Auch dies geschieht, um einen Bezug zum täglichen Leben herzustellen. Der Blick auf die gewachsene, in der Tages- und Jahreszeit sich ändernde Natur, auf Einflüsse des Wetters und des Lichtes bleibt erhalten. Die Kirche hat so zwar ihren Raum für sich, verliert aber nicht den Blick für die Welt, für die sie verantwortlich ist.
Der Verzicht auf Opakglas hat noch einen anderen Vorteil: Er verbilligt den Herstellungsprozeß. Die Ausführung der Arbeit wird die auf Kirchenfenster spezialisierte Firma Derix aus Kevelaer übernehmen.
An den Kosten für das „Arche“-Fenster muß sich die Gemeinde mit 10 000 Mark beteiligen. Die Bruckhausener hoffen auf großzügige Spender. Ein genauer Termin für das Einsetzen des Fensters steht noch nicht fest. Alfred Grimm: „Wahrscheinlich im Spätherbst.“