PresseKalbskopf und Küchenschrank

— NRZ

Alfred Grimm erinnert mit zwei weiteren Mahnsteinen an das Kaufhaus von Siegfried Bernhard und an die Viehhändler Julius und Josef (Bernhard) Jacob. Sie wurden von den Nazis ermordet.

Von Bettina Schack

Dinslaken. Ein Küchenschrank, ein Bett, eine Kaffeetasse. Die ersten beiden zu Modellen verkleinert, letztere neben Häkeldeckchen in Originalgröße. Sie erinnern an das, was die Dinslakener einst im ersten Kaufhaus der Stadt lange vor dem Bau der Hertie-Filiale erwerben konnten. Und an die, die dieses Geschäft betrieben: Siegfried Bernhard und seine Ehefrau, ermordet in Auschwitz. Dem Jahre 2013 mit seinen traurigen Gedenktagen an die Machtergreifung der NSDAP vor 80 Jahren und der Pogromnacht vor 75 Jahren steht die zweite große Übergabe von Kunst, die mit ihrem Aussagegehalt das Gesicht der Stadt verändert, bevor.

Zwei Mahnsteine für die Putzmacherin Elly Eichengrün und den Installateur Julius Isaacson, wurden bereits im letzten Jahr auf der Duisburger Straße im Bereich der Wasserspiele und am Eingang der Eppinghovener Straße aufgestellt.

Nun folget der Mahnstein für Siegfried Bernhard vor seinem einstigen Kaufhaus an der Neustraße Ecke Friedrich-Ebert-Straße. – heute eine Bank, und ein weiterer neben der Ev. Stadtkirche in Gedenken an die Vettern Julius und Josef Jacob, die mit ihren Familien auf der Brückstraße 1 bzw. der Duisburger Straße 7 lebten.

Künstlerische Zeichen

Auf dem ersten Blick ein typischer, weil mit drastischen Mitteln provozierender Grimm: ein abgeschlagener Kalbskopf, daneben das große Fleischermesser und deine Börse mit Münzen. Aber genau das war es, was Dinslaken um die Jahrhundertwende vor der Industrialisierung groß gemacht hat: Julius und Josef Jacob gehörten zu den vielen Viehhändlern, die Dinslaken zum größten Umschlagplatz der Region machten. Die beiden Vettern teilten sich ihr Verbreitungsgebiet auf: Der eine bediente den rechten, der andere den linken Niederrhein.

Julius war der ältere der Vettern. Er wurde 1887 geboren, heiratete die 12 Jahre jüngere Frieda Coppel. Das Ehepaar und ihre 1911 geborene Tochter Elisabeth wurden in Riga und Stutthoff ermordet, den Kindern Fritz (Jahrgang 1913) und Trude (Jahrgang 1919) gelang getrennt voneinander in den Jahren 1937 und ’38 die Flucht nach Uruguay. Josef Jacob, Jahrgang 1983, seine 1896 geborene Frau Amanda Gompertz und die gesamte Familie des Ehepaars wurden 1941 nach Litzmannstadt (Lodz) deportiert und ermordet.

Mit den Mahnsteinen setzt Alfred Grimm nach seinem vor 20 Jahren errichteten Mahnmal am Platz d´Agen weitere zur Auseinandersetzung mit der Geschichte auffordernde künstlerische Zeichen in der Innenstadt von Dinslaken.

Unterstützung fand das Projekt bei der Arbeitsgruppe „Wider das Vergessen“, den beiden christlichen Kirchen, dem Museum, dem Stadtarchiv, der Israel AG und bei den privaten und institutionellen Spendern, die dessen Verwirklichung erst finanziell möglich machten.

ÜBERGABE AM 20. MÄRZ

Alfred Grimm übergibt am Mittwoch, 20. März, um 16.30 Uhr der Stadt die Mahnsteine für die Familien Bernhard und Jacob. Bronzeplastiken, die ganz anschaulich und individuell auf Leben und Arbeit jüdischer Mitbürger vor 1933 eingehen und flankiert von zwei Sitzsteinen zum Verweilen einladen.

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