PresseRheinischer Provokateur wandelt im Torhaus auf Dadas Spuren

— Elmshorner Nachrichten

Zur Ausstellung Alfred Grimm beim Kunstverein Elmshorn

Von DIERK WULF

Elmshorn. Kommt doch einer daher aus Hünxe, jenem Nest im Winkel vom Rhein und Lippe (und wo wir schon einmal beim X sind: Xanten ist nicht weit) und will den Elmshornern ein U für ein X, also Unsinn für Xunst vormachen. „Provokation“ hat der 1943 in Dinslaken geborene Künstler Alfred Grimm weithin sichtbar auf seine Fahne geschrieben. Und um zu provozieren, ist ihm (fast) jedes Mittel recht. Knallharte Beweise liefert Grimm zur Zeit im Torhaus, wo der Kunstverein Elmshorn dem rheinischen Beuys-Schüler (Aha!) eine kunterbunte Ausstellung einrichtete und somit ein ebenso schrilles wie auf seine Art gelungenes Kontrast-Programm zur vorherigen, eher biederen Modersohn-Vorstellung anbietet. Und dies vorweg: Wer’s mag, wer offen ist, für das (ihm) Unbekannte in der Kunst, kommt auf seine Kosten.

Alfred Grimm, dessen Arbeiten bei zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen Beachtung fanden (und zur Freude des Künstlers auch immer wieder mal Ärger erregten), zeigt im Torhaus Zeichnungen, Malerei und Objekte.

Und gerade oft die skurrilen Objekte sind es, die jedem Besucher sogleich ins Auge fallen, über die er schier zu stolpern droht. Die gefangenen oder zu bürstenden Pflastersteine rechts in der Ecke wirken noch harmlos. Etwas ungemütlicher geht es schon auf einem Operationstisch zu, wo ein Stück Schwarzwaldlandschaft auf das Skalpell des Chirurgen wartet. Verunsicherung herrscht bei vielen Besuchern spätestens dann, wenn sie vor einem komplett montierten WC stehen, dessen angeschmuddelte Schüssel einem Stück Landschaft Heimat gibt. Ein Druck auf den Knopf, und die Klo-Idylle würde im Orkus verschwinden – wie so manches schöne Stück Natur draußen im Lande auch. Und an diesem Beispiel wird einer der künstlerischen Ansatzpunkte des Radikalisten Alfred Grimm deutlich: Hinzuweisen auf die Vernichtung von Natur, die Schäden aufzuzeigen, die der Mensch seiner Umwelt in immer schwererem Maße zufügt.

Bei alledem ist Alfred Grimm eigentlich genau das, was sich die Nordlichter unter einer „rheinischen Frohnatur“ vorstellen. Über diese lockere Seinsbefindlichkeit geben die Tortenstücke Auskunft, die der Künstler in vielen Variationen und mit den unterschiedlichsten Zutaten versehen im Angebot führt – vom sportlichen Springturnier in Aachen bis hin zum drastisch-direkten Reeperbahn-Detail.

Ein so radikaler Künstler wie Grimm, der stets auf emotionale und zelebrale Wirkung aus ist, läßt natürlich auch die wunderbare Gelegenheit einer Ausstellungs-Eröffnung nicht ungenutzt. Am Montagabend im Torhaus machte es sich der hauptberuflich als Gymnasiallehrer tätige Rheinländer nicht nur Gedanken über die relativen Wirklichkeiten des Lebens und der Kunst, sondern lieferte seinen teils irritierten, teils amüsierten Publikum einen Auftritt in allerbester Dada-Manier: Grimm hantierte mit Rasseln und Windmühlen, ließ Luftballons platzen, entzündete Wunderkerzen, schoß mit einer Wasser- und knallte mit einer Spielzeugpistole („Wenn die Kunst zu schwach ist, um sich zu verteidigen, muß sie zum Angriff übergehen“) und unterlegte seine „Rede“, die er mit vollem und später mit zugeklebtem Mund hielt, mit herzhaftem Schweinegrunzen vom Tonband. „Dies waren Andeutungen dessen, was mich zutiefst bewegt“, schloß Alfred Grimm seine ironisch-exzentrischen Ausführungen.

Die Ausstellung im Torhaus läuft bis zum 16. März. Geöffnet Dienstag bis Freitag 10–12 und 16–18 Uhr, Sonnabend 10–12 Uhr, Sonntag 11–13 Uhr.

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