PresseSchauen und Denken – Kreuzgenossen

— Rheinische Post

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Der Leiter des Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp erklärt, warum er Alfred Grimms Kreuze jetzt ins Kloster holte.

VON PETER HAHNEN

Kreis Wesel Jeder erinnert sich an seine Schulzeit, denkt dabei an seine Lieblingslehrer und auch an solche, die man … am liebsten von hinten sah. Mein Kunstlehrer Alfred Grimm gehörte für mich – ich spreche von der Mitte der 1970er Jahre und war in der Unterstufe des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Dinslaken – klar zur zweiten Sorte. Zu unterschiedlich waren unsere Temperamente und Einstellungen. So schien es damals zumindest. Heute denke ich: Vielleicht waren wir uns im manchem zu ähnlich? Aber damit greife ich vor.

Umdenken Erst Jahre später wurde ich mit den ersten Kreuzobjekten Alfred Grimms konfrontiert. Sie störten auf, ärgerten mich teilweise auch, trafen mich aber ins Mark. Als Jugendlicher hatte ich nämlich aus einem Müllhaufen vor meiner Heimatkirche St. Vincentius einen Jesus geboren, dem sowohl das Kreuz als auch die Arme abgebrochen waren. Er war eine Replik aus Kunststoff, vielleicht früheren Gruppenräumen des Johannahauses. Dieser verstümmelte Korpus erinnerte mich an das durch Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg versehrte Kreuz in Münsters Ludgeri-Kirche: Dem hatte man auf dem nun leeren Querbalken die Worte geschrieben „Ich habe keine anderen Hände als die euren“. Dieser versehrte Jesus begleitete mich durch Ausbildung und Studium und bis heute im Zentrum Kloster Kamp. Es war und ist mein Gebetskreuz.

Grimms Denken Grimm nun begann solch weggeworfene Kruzifixe an sich zu nehmen. Eben solche, die niemand mehr haben wollte oder auf dem Flohmarkt verscherbelte. Wenn man glaubt, man brauche das nicht mehr, kann Grimm zeigen, welches Potenzial in Jesus und seiner Sache steckt. Diese Kruzifixe, gleich mehrere in unserer Ausstellung sind ja erst 2015 entstanden, sind aktueller denn je. Viele Besucher zeigen sich im guten Sinne erschüttert, manche sogar gerührt.

Selber denken, selber handeln Ich werde manchmal gefragt, warum ich derlei (vermeintliche) Skandalobjekte im Kloster Kamp zeige. Ich antworte, dass der eigentliche Skandal längst vor dem Objekt liegt, das der Künstler fertigte: Wenn nämlich unsere Gegenwartsgesellschaft glaubt, man könne die Botschaft Jesu und das Christentum wegräumen. Dass kirchliche Mitarbeiter leider bisweilen selber genug taten und tun, um sie bürokratisch, lieblos, banal oder rigide zu verpacken, lasse ich mal dahingestellt.

Der Künstler Alfred Grimm handelt auf eigenes Risiko. So wie übrigens das Geistliche und Kulturelle Zentrum Kloster Kamp vor einigen Jahren durch private Initiative entstand, als niemand von den Offiziellen noch einen Pfifferling auf das verwaiste Kloster gab. Grimm zeigt, dass die „Sache Jesu“ für uns heute relevant ist. Er stellt die Kruzifixe ins Heute und macht und zu Zeitgenossen dieser Konfrontation. So werden wir als Betrachter zu „Kreuzgenossen“.

Hoffentlich denken wir uns unseren Teil.

Ausstellung

Alfred Grimms Kruzifixobjekte

Öffnungszeiten Die Ausstellung „Kreuzgenossen“ im Gewölbekeller des Zentrums Kloster Kamp (Abteiplatz 13, Kamp-Lintfort) ist täglich geöffnet von 11 bis 17 Uhr, samstags von 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erbeten.

Führungen Buchungen unter Telefon 028 42–92 75 40.

Parallel Gegenüber vom Gewölbekeller, im Museum Kloster Kamp läuft als perfekte Ergänzung zu Grimms Kruzifixen die Ausstellung „Heiliges Verpacken. Reliquiengefäße fürs Heute“; täglich 14 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags 11 bis 17 Uhr. Montags geschlossen.

Gastronomie Ausstellungsbesucher können auch das Spenden-Café des Geistlichen und Kulturellen Zentrums nutzen.

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