Presse„Seh-Kuh“ brüllt im Gasometer

— Rheinische Post

Brüllende Kühe hat es im Gasometer Oberhausen noch nicht gegeben. Bis Alfred Grimm kam. Der Künstler aus Hünxe stellt in der gigantischen Tonne am Rhein-Herne-Kanal Kunstwerke mit Fernsicht aus. Unter den sieben „TV-Objekten“ ist auch seine „Seh-Kuh“ von 1988.

OBERHAUSEN/HÜNXE (ras) Seit zweieinhalb Jahren zählt der Gasometer zu den Ankerpunkten der „Europäischen Route der Industriekultur“ (ERIH). Eine Fotoausstellung zum europaweiten Netzwerk zeigt seitdem Meilensteine der Industriegeschichte. Zu sehen sind zum Beispiel die spektakuläre Ansicht eines Zinnbergwerks an der Küste Cornwalls, der Windmühlenpark „Zaanse Schans“ in Zaandam bei Amsterdam, der Kupfertagebau „Copper Kingdom“ Amlwch in Wales oder Schottlands einst profitabelste Baumwollspinnerei New Lanark. Jetzt wurde die Ausstellung neu inszeniert und die Fläche des ehemaligen Gasspeichers auf seiner zweiten Ebene um rund 1000 Quadratmeter erweitert.

Im Mittelpunkt: die Tonne

Im Mittelpunkt der Ausstellung steht der Gasometer selbst. Die ERIH-Ausstellung mit großformatigen Fotografien von Thomas Wolf wurde durch weitere Aufnahmen historischer Industriestandorte ergänzt.

An sechs neuen Hörstationen können sich Besucher außerdem von Schauspieler Rufus Beck Geschichte(n) zu den jeweiligen Denkmälern europäischer Industriekultur erzählen lassen. An vier weiteren Hörstationen stellt die Oberhausener Kabarettistin und Regisseurin Gerbung Jahnke ihren Lieblingsplatz vor: den Gasometer. Mit gewohnter Ruhrpott-Schnauze empfiehlt sie, was man sich unbedingt in der Tonne ansehen sollte. Übrigens wahlweise auch im echten Ruhrpott-Englisch, bewusst nicht akzentfrei.

Dazu gibt es eine neu gestaltete Dokumentation, die mit großformatigen Bildern an Gasometer-Highlights wie „The Wall“ von Christo und Jeanne Claude, die Ausstellung „Blaues Gold“ oder Bill Violas „Five Angels For The Millenium“ erinnert. Eine neue Illumination lässt die riesige Stahlscheibe samt Stahlgerüst zudem in ganz neuem Licht erscheinen. Kunstvoll wird die Konstruktion akzentuiert, der Raum unterhalb der Manege strahlt jetzt in satten Rot.

Brüllendes Eutertier

Dort erzählt Alfred Grimm seine Stück Ruhrgebiets-Geschichte. Seine in Fernseher eingebauten Kunstwerke bieten eine ganz eigene Fern-Sicht. So ist zum Beispiel sein TV-Objekt „Ferienbeginn in NRW“ mit der Endlos gespiegelten Blechkarawane mit dabei. Die „Zwei Minuten Ruhrgebiet“ sind zu sehen, auch „Das Ruhrgebiet 3: Labor-TV“. Und natürlich die „Seh-Kuh“. Das Brüllen des Eutertiers (ein Bewegungsmelder löst es aus, sobald ein Besucher dem Objekt zu nahe tritt) sei markerschütternd, freute sich Grimm gestern. „Das hallt ungeheuer. Vor allem Kinder sind restlos begeistert.“ Neben den TV-Objekten ist Alfred Grimms „Arbeitertasche“ in der Ausstellung zu sehen.

Auf Flachbildschirmen lässt sich dreidimensional in die Geschichte des Gasometers reisen. Eine Animation, entwickelt von Wissenschaftlern der Hochschule Bochum, macht die Stahlwände der Tonne transparent, zeigt die Funktionsweise des Scheibengasbehälters und erklärt seine Rolle im Mittelpunkt eines Dreiecks großer Rohrleitungen, in denen Hochofengas, Kokereigas und Restgas an Verbraucher geliefert wurde.

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