PresseZwei Mahnsteine für Dinslaken
— Rheinische Post
Von Ralf Schreiner
Dinslaken Drei kniehohe Basaltblöcke, einer trägt eine Bronzeapplikation – Handschuhe und Hüte –, die anderen laden zum Sitzen ein. Das Ensemble steht vor dem Haus Duisburger Straße 8. Es erinnert an die Putzmacherin Elly Eichengrün, die hier einmal gewohnt hat. Ein zweites Ensemble hat der Hünxer Künstler Alfred Grimm gestern vor dem Haus Eppinghovener Straße 3 in den Boden eingelassen. Der bronzene Wasserhahn und die Rohrzange stehen für den Installateur Julius Isaacson. Grimm wird die beiden Mahnsteine, die an ehemalige Familien jüdischen Glaubens erinnern, am Dienstag, 23.Oktober, ihrer Bestimmung übergeben. Die Gedenkfeier beginnt um 16.30 Uhr vor dem Haus Duisburger Straße 8, am Eingang zum Bürgerbüro.
Bronzeplastiken
Seit dem Mittelalter erstreckt sich die Neustraße östlich der Altstadt, seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert ist sie Geschäftsstraße und mit den anliegenden Straßen Zentrum der Kleinstadt. Eine Entwicklung, an der die Mitglieder der jüdischen Gemeinde einen bedeutenden Anteil hatten. Nun will Alfred Grimm mit einer Serie von Bronzeplastiken an das jüdische Geschäftsleben und Handwerk in Dinslaken erinnern, das nach 1933 in Vertreibung und Tod ein Ende fand.
Bereits 1993 schuf der Beuys-Schüler für den Platz vor dem Dinslakener Rathaus ein Mahnmal im Gedenken an die Kinder des ebenfalls an der Neustraße gelegenen jüdischen Waisenhauses. Eine schonungslose, verstörende Großplastik: Durch die ausgesparte Silhouette eines SS-Manns blickt man auf einen Leiterwagen voller Koffer und Schuhe. Das Denkmal war das erste seiner Art in Dinslaken, lange tat man sich dort mit der Aufarbeitung seiner Vergangenheit schwer. Zur Enthüllung des Mahnmals 1993 wurden dann auch ehemalige Dinslakener jüdischen Glaubens eingeladen. Eine Geste der Versöhnung. Die damals gewachsenen Kontakte bestehen bis heute, einige Juden kommen nun immer wieder gerne in die Stadt ihrer Kindheit zurück.
Auch arbeiten engagierte Dinslakener Bürger und Vereine seit einigen Jahren die Zeit des Nationalsozialismus und das Schicksal der jüdischen Bevölkerung systematisch wissenschaftlich auf und publizieren die Ergebnisse. Dabei wurde bewusst, wie tief verwurzelt die jüdische Gemeinde und die Geschäftswelt in Dinslaken war. Alfred Grimms Mahnsteine wollen dies sichtbar machen – als plastische Kunstobjekte, die zum Verweilen einladen.
2013 zwei weitere Steine
Zwei weitere Mahnsteine für die Viehhändler Julius und Josef Jacob und den Kaufhausbesitzer Siegfried Bernhard sollen bis 2013 realisiert sein, wenn Dinslaken an 80 Jahre „Machtergreifung“, 75 Jahre Pogromnacht und 20 Jahre Mahnmal am Rathaus gedacht wird.
Ein gemeinsames Projekt wider das Vergessen
Dinslaken (RP) Die offizielle Übergabe der Mahnsteine soll im Rahmen einer Gedenkfeier geschehen. Unter Federführung des Kulturkreises Dinslaken wird das Vorhaben, das ausschließlich von Sponsorengeldern finanziert wird, begleitet von der Projektgruppe „Wider das Vergessen“ unter Leitung der ersten Beigeordneten der Stadt Dinslaken Christa Jahnke-Horstmann, dem die beiden christlichen Kirchen, das Stadtarchiv, das stadthistorische Museum Voswinckelshof, die Israel-AG des Theodor-Heuss-Gymnasiums, der Ausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit des Kirchenkreises Dinslaken und die jüdische Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen angeschlossen sind. Die stellvertretenden Bürgermeister Thomas Groß und Margarete Humpert nehmen ebenfalls teil. Humpert wird in einer kurzen Ansprache auf den besonderen Anlass eingehen. Danach wird auch der Mahnstein vor dem Haus Eppinghovener Straße 3, vor der Weinhandlung Henneken am Altmarkt, der Öffentlichkeit übergeben.
Am Aufbau der Steine waren gestern auch der Duisburger Steinmetz Hans-Gerd Berns und der DIN-Service beteiligt. Alfred Grimm wird die Steine der Stadt Dinslaken überlassen, die ihrerseits die Haftpflichtversicherung und die Unterhaltung der Unikate übernimmt.
Info
Bronzetafeln
Jeder Mahnstein enthält einen Bronzerahmen mit Text, der über die jüdischen Familien Auskunft gibt, den Künstler und den jeweiligen Sponsor nennt. Der Mahnstein für Elly Eichengrün wurde mit Unterstützung der Sparkasse Dinslaken-Voerde-Hünxe, der für Julius Isaacson mit Unterstützung der Wohnbau realisiert.